Die Rabin Branna in der Keltenroman Serie "Die Wortflechterin" ist wohl die Nebenfigur, die sich der größten Beliebtheit erfreut. Mit ihrer verspielten Art und ihrem kleinen Wortschatz, mit dem sie immer wieder dramatische Momente aufheitert, hat sie sich in die Herzen der Leser*innen eingenistet. Aber das haben Raben so an sich, dass sie schon seit Ewigkeiten die Menschen faszinert haben und begeistert.
Den Germanen- und Nordmänner-Freunden sind sie wohl bekannt, die Raben des Gottes Odin, Hugin und Munin. Sie waren so etwas wie die Augen des nordischen Gottes, die zeitig am Morgen ausflogen, um ihrem Herrn Neuigkeiten aus aller Welt zu bringen. Raben, nicht die schnelleren Falken oder imposanteren Adler, das finde ich beachtenswert.
Die Wikinger unter den Nordmännern verehrten die Raben nicht nur als Göttertiere, sondern nutzten sie auf ihren Eroberungsfahrten, um Land zu finden. Und auch Noah nutzte während der Sintflut Raben, um herauszufinden, ob das Wasser sich schon so weit verlaufen hätte, dass es wieder Land gäbe.
Und bei den Inuit gibt es viele wunderbare Legenden über den Raben und seine Interaktion mit anderen Tieren oder gar der Sonne. Auch war er so etwas wie das Tier der nordischen Schamanen und bei den First Nations in Kanada gibt es zahlreiche Totempfahle und Tiermasken, die Raben darstellen.
Doch schon lange davor hatten die Kelten ihre göttlichen Raben. Die Göttin Morrigan, Göttin des Kriegs und des Todes, wurde von ihnen begleitet. Sie selbst zeigte sich den Menschen entweder als grausames, altes Weib oder als schöne junge Frau, und konnte sich auch selbst in einen Raben verwandeln. Mal verdammte sie einen Krieger zum Tode, mal errettete sie ihn vor dem Untergang.
Es ist nicht verwunderlich, dass wir die Raben in den Geschichten so gerne als Mittler zwischen unserer und der Welt der Götter sehen. Einerseits sind sie Wildtiere, und doch folgen sie gerne dem Menschen, um sich von seinen Abfällen zu nähren. Sie sind äußerst intelligent und damit fällt es uns leicht, ihnen menschliche Ähnlichkeiten anzudichten. Und sie halten sich gerne dort auf, wo es Tote gibt (schließlich sind sie Aasfresser), was sie zu Boten des Totenreiches macht.
Eigentlich sind Raben ja Sperlinge … also, von der Gattung her. Die größte Sperlingsart. Und manchmal, wenn man sie so beobachtet, wie sie Blödsinn anstellen, dann haben sie durchaus etwas von frechen Spatzen.
Raben sind gebietstreu und monogam. Außer, der Partner verstirbt, dann wenden sie sich doch einem anderen zu. Ein Vorbild/Abbild für viele menschliche Kulturen also.
Schön sind sie, in ihrem schwarzen Gefieder, das im Sonnenlicht oft bläulich scheint. Klug sind sie, so klug wie ein Schimpanse oder ein sechsjähriges Kind. So wie ihre Cousins, die Krähen, sind sie erfinderisch und benützen Werkzeuge. Ich habe selbst schon Krähen beobachtet, die Nüsse in die Gleise der Straßenbahn gelegt haben und dann warteten, bis die nächste Bahn sie ihnen zermahlte. Sie können auch logische Schlussfolgerungen ziehen, eine Eigenschaft, die man lange nur Menschen zugesprochen hat (genauer gesagt, die der Mensch nur sich selbst zugesprochen hat …).
Als Begleitung für meine Hauptfigur ist Branna, die Rabin, ideal. Denn Raben können sprechen. So wie Hunde einen Haufen Wörter verstehen lernen können, können auch Raben einen großen Wortschatz entwickeln. Mit dem Unterschied, dass sie diese Worte auch sagen können. Und eine Vielzahl von Geräuschen, denn sie lieben es, alle möglichen Töne äußerst treffend nachzumachen – vom Telefonklingeln bis zum Rasenmäher. Und weil sie so klug sind, verstehen sie auch, was sie sagen. Auf der Greifvogelwarte der Riegersburg, wo es auch zwei Raben gibt, erzählen die Falkner, dass ein Rabe auf die Frage: „Wie ist das Wetter?“ nie sagen wird, dass es regnet, wenn in Wirklichkeit die Sonne scheint.
Außer, er erlaubt sich vielleicht einen Scherz. Denn Raben haben Humor, finde ich. Aber vielleicht schreibe ich ihnen da allzu menschliche Eigenschaften zu oder habe zu viele Geschichten über den Trickster Rabe gelesen. Aber schließlich basieren ja auch alle Geschichten irgendwo auf Wahrheiten -- wie sagt Arduinna so schön? "Und die Geschichte ist wahr, auch wenn sie nie geschehen ist..." Doch auch bei unseren Schweinen, die ja ebenfalls für ihre Intelligenz bekannt sind, konnte ich feststellen, dass sie einen manchmal richtiggehend hereinlegen, mit einem amüsierten Glitzern in den Augen.
Ich mag auch die Verspieltheit der Raben ungemein. Wenn man sieht, wie sie in der Luft herumtoben, sich herabstürzen lassen, nur aus der puren Freude an der Bewegung, oder wenn man beobachten kann, wie sie sich im Schnee wälzen und einen Hang hinabkugeln, dann versprühen sie eine Lebenslust, die so gar nichts mit den ihnen zugesprochenen „bösen“ Eigenschaften zu tun hat. Spielen, wie Raben es eben tun, ist ebenfalls ein Zeichen von Intelligenz.
Und wo kommt ihr schlechter Ruf her? Rabeneltern, Todesvogel, Unglücksrabe, Galgenvogel, Hexenvogel …
Hexen werden auch heute noch gerne mit den schwarzen Vögeln abgebildet (bis hin zu Gundel Gaukeley in Donald Duck). Als „einsame Hexe im Wald“ doch durchaus verständlich, dass man sich mit einem intelligenten Wesen umgibt - irgendeinen Gesprächspartner braucht man schließlich ... Für die Kirche aber war das natürlich mit ein Grund, den Vogel gemeinsam mit seiner Besitzerin als böse hinzustellen. Seine tiefe, krächzende Stimme kann auch durchaus etwas Unheimliches haben, nachts auf dem Friedhof ...
Raben kümmern sich entgegen dem Mythos sehr fürsorglich um ihren Nachwuchs, doch weil der anfangs, wenn er das Nest verlässt, noch sehr tolpatschig wirkt, kann der Eindruck entstanden sein, die Eltern hätten die Küken zu früh hinausgeworfen.
Und Kriegsschauplätze lieben die Raben tatsächlich, denn sie sind Aasfresser. Insofern ist es also umgekehrt - nicht der Rabe ruft das Elend des Krieges herbei, sondern das Elend des Krieges ruft die Raben. Da sie sehr soziale Tiere sind, verständigen sie auch gleich all ihre Freunde, um das Festmahl zu teilen. Zudem gehen sie vorzugsweise als erstes auf die Augen los, und warten durchaus auf andere Aasfresser, dass diese ihnen die Schwerarbeit des Aufbrechens des Körpers abnehmen. Vor allem mit Wölfen entwickeln sie richtige Freundschaften und Beutegemeinschaften.
So wie Branna und Arduinnas Wolfshund Cú.
Von den Göttern gesegnet, von ihrem Meister verflucht, war die Bardin Arduinna gezwungen, alles für ihre Liebe zu opfern.
Eine keltische historische Romanserie, die dich in Zeiten versetzt, als Wörter Waffen sein konnten und deine einzigen Freunde ein Wolfshund und ein Rabe.
Tauch ein in die Welt der Kelten und fühle den Pulsschlag jener Zeit in dir!
Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.
Lust, einmal im Monat eine Geschichte der Bücherbardin zu erhalten und über neue Blogbeiträge informiert zu werden? Dann melde dich für meinen Rundbrief Post von der Bücherbardin an!
Kommentar schreiben