· 

Überlebenstipps einer keltischen Wanderin, Teil 3

 

Dank unserer ausgklügelten Technik ist es uns möglich, den Gesprächen zwischen der Bardin Arduinna und ihrem jungen Schüler Samis im Jahre 38 v.Chr. zu lauschen …

 

Feuermachen

 

Seit drei-mal-drei Jahre bin ich schon gezwungen, durch die Welt zu wandern und viel meiner Zeit verbringe ich außerhalb von Siedlungen und Orten. Lass mich dich lehren, Samis, was ich gelernt habe, auf dass du deine Wege leichter bewältigst als ich zu Beginn.

 

Es ist eine wichtige Fähigkeit, die jeder Mensch beherrschen muss: Feuer zu machen. Wenn du in einem Dorf lebst oder gar so reich bist, dass du Sklaven hast, so werden es vielleicht andere für dich erledigen. Wenn du zumindest in einem Haus lebst und nicht wie wir ständig weiterziehst, dann wirst du nicht täglich Feuer machen, sondern darauf achten, dass die Glut nie erlischt. Und zu den großen heiligen Tagen, wie zur Wintersonnwend, wo alle Feuer gelöscht werden, wirst du sie mit einem Kienspan neu entzünden, der am heiligen Feuer des Tempels entfacht wurde.

 

Wir auf unserer Wanderschaft haben diese Annehmlichkeiten nicht. Abend für Abend müssen wir ein neues Feuer errichten, wenn wir etwas Warmes essen wollen und nachts die wilden Tiere abhalten wollen. Manchmal wird es regnen, manchmal wirst du in Gegenden sein, wo kein gutes Holz zu finden ist, dennoch kannst du lernen, dir in jeder Lage Wärme und Schutz zu verschaffen.

 

Am einfachsten geht das Feuermachen mit einem Feuerspiel, und damit bist du schon sehr geübt, Samis. Sobald es uns möglich ist, will ich dir ein eigenes Feuereisen beschaffen, damit du nicht immer meines ausborgen musst.

 

Auch wenn du schon weißt, wie es geht, so lass es mich wiederholen: Drei Dinge benötigst du, um mit einem Feuerspiel Feuer zu machen – das Feuereisen, egal, ob es zwei geschwungene Enden hat oder nur eines, denn die Enden dienen nur dem Halten des Eisens. Einen Stein, den du dagegenschlagen kannst. Manche behaupten, es müsse Feuerstein sein, doch Feuerstein wirst du hier in Noricum nicht finden, nur teuer von Händlern aus dem Norden erstehen können. So gut wie jeder Stein geht, wenn er eine scharfe Kante hat, selbst Sandstein. Am besten, der Stein glitzert ein wenig, dann geht er besser. Und als Drittes benötigst du Zunder, der dir die Funken auffängt, die entstehen, wenn du den Stein an der Kante des Feuereisens entlangschlägst. Zunder solltest du immer bei dir haben, auf Vorrat, das ist hilfreich bei nassem Wetter. Als Zunder geeignet ist zum Beispiel Birkenrinde, die du in feine Streifen reißt. Oder Zunderschwamm. Die Kolben von Schilf, auseinandergezupft. Du kannst auch von einem dünnen Ast mit deinem Messer Späne abschaben, am besten so, dass ihre Enden wie Locken noch mit dem Ast verbunden bleiben, und in dieses Nest deine Funken schlagen. Hierfür ideal ist ein Kienspan oder zumindest Nadelholz, das immer mehr Harz enthält als Laubholz. Solltest du von einem Bauern oder sonst irgendwo etwas Hanfschnur erhalten haben, so ist auch die hervorragender Zunder, wenn du sie auseinanderzupfst, sodass du gleich ein Funkennest hast.

Darunter legst du am besten trockenes Gras, Laub oder größere Späne, etwas, das dem Feuer schon ein wenig mehr Nahrung bietet.

 

Sollte es geschehen, dass du dein Feuerspiel verlierst, so musst du ohne Feuer machen. Auch das ist möglich, erfordert aber mehr Mühe. Du kannst einen Ast anspitzen und in einen breiteren Ast oder ein Brett eine Mulde schnitzen, in die du den Ast und etwas Zunder setzen kannst. Die Enden eines weiteren Astes verbindest du mit einer Schnur – die zu zum Beispiel aus langem Gras drehen kannst – und schlingst sie um den stehenden Ast. Oben auf den stehenden Ast legst du einen Stein, damit du den Ast mit deiner Hand festhalten und hinunterdrücken kannst, während du nun den Bogen rasch hin und her führst, um den Stab zu drehen. Mit Übung und Geduld werden durch die Reibung von Holz auf Holz Funken entstehen, die deinen Zunder zum Glosen bringen.

Manche reiben auch einen zugespitzten Ast über eine längliche Mulde in einem Brett und erzeugen so Funken.

Dann braucht es immer deinen liebevollen Atem, die kleinen Funken anzublasen, dass sie sich zu einem Feuerchen entwickeln.

 

Hast du nun dein brennendes Zundernest, hast du verschiedene Möglichkeiten, daraus ein Feuer zu machen, das länger brennt. Hierfür hast du schon davor Holz gesammelt, dünne Äste, dickere Äste oder gar Baumstämme, so du eine Axt hast, tote Bäume umzuschlagen. Du kannst über deinem Zundernest nun einen Spitz aufbauen, erst aus dünnen Ästen, dann immer stärkeren, und dann laufend nachlegen. Du kannst auch einige Stämme aufrecht zusammenbinden – du nimmst einen kurzen Stamm in der Mitte, ordnest die anderen rundherum und bindest sie ganz unten mit einer Schnur aus dünnen Weidenzweigen zusammen. In die Mitte füllst du nun kleines Astwerk und hast so ein Feuer, das lange brennt. Wenn du nachts nicht immer wieder aufstehen willst, um Holz nachzulegen, und einige dicke Stämme zur Verfügung hast, kannst du diese in kreuzweisen Flächen übereinander schichten, unten breiter als oben, und dein Feuer obenauf entfachen. Es wird die Nacht über hinunterbrennen.

 

Wenn es viel geregnet hat und alles nass ist, dann empfiehlt es sich nicht nur, kein Holz vom Boden aufzuklauben, sondern stehende, abgestorbene Bäume oder Äste zu nehmen, sondern auch, die Rinde der Bäume zu entfernen, dann brennen sie leichter, da sie darunter nicht nass sind. Und allgemein brennt Nadelholz wegen seines Harzes besser.

Im Laufe der Zeit wirst du genügend Übung haben, dass Feuer zu machen keine Schwierigkeit mehr ist.

 

 

(Anmerkung der Redaktion: heutzutage gibt es noch einige andere Möglichkeiten, ohne Feuerzeug oder Zündhölzer Feuer zu machen, die Arduinna nicht zur Verfügung standen – wie eine Lupe, mittels einer Batterie etc. Videos zum Thema Feuermachen finden sich in großer Zahl auf Youtube. Ein sehr humorvolles und doch auch beeindruckendesVideo ist dieses HIER, das ich liebe)

 

 


Von den Göttern gesegnet, von ihrem Meister verflucht, war die Bardin Arduinna gezwungen, alles für ihre Liebe zu opfern.

Eine keltische historische Romanserie, die dich in Zeiten versetzt, als Wörter Waffen sein konnten und deine einzigen Freunde ein Wolfshund und ein Rabe.

Tauch ein in die Welt der Kelten und fühle den Pulsschlag jener Zeit in dir!

 

Die Wortflechterin der Kelten, historische Romanserie
Die Wortflechterin der Kelten, historische Romanserie

Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.

 

Lust, einmal im Monat eine Geschichte der Bücherbardin zu erhalten und über neue Blogbeiträge informiert zu werden? Dann melde dich für meinen Rundbrief Post von der Bücherbardin an!

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0