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Überlebenstipps einer keltischen Wanderin, Teil 2

 

Dank unserer ausgklügelten Technik ist es uns möglich, den Gesprächen zwischen der Bardin Arduinna und ihrem jungen Schüler Samis im Jahre 38 v.Chr. zu lauschen …

 

 

Seit drei-mal-drei Jahre bin ich schon gezwungen, durch die Welt zu wandern und viel meiner Zeit verbringe ich außerhalb von Siedlungen und Orten. Lass mich dich lehren, Samis, was ich gelernt habe, auf dass du deine Wege leichter bewältigst als ich zu Beginn.

 

Mag der Winter die schlimmste Zeit sein, um sie außerhalb einer Siedlung zu verbringen, so ist der Frühling dann ein Segen. In den Dörfern leiden die Menschen manchmal im zeitigen Frühjahr schlimmeren Hunger als im Winter, denn all ihre Vorräte sind dann vielleicht schon aufgebraucht oder durch unvorhergesehene Umstände verdorben, aber wenn du gelernt hast, dich in den Wäldern und Wiesen außerhalb der Felder und Weiden der Dörfer aufzuhalten, ist es eine Zeit der Freude.

Noch ist es kein üppiger Reichtum, den die Götter der Natur dir schenken, aber die Pflanzen, die du nun findest, sind voller Kraft und stärken dich. Sie vertreiben das Dunkel des Winters in dir und lassen die Freude wieder in dir wachsen.

 

Eine der ersten ist die Vogelmiere, die oft schon unter der Schneedecke zu wachsen beginnt. Mit ihren kleinen weißen Blüten, die an Sterne erinnern, ist sie leicht zu erkennen. Sie schmeckt ein wenig wie Erbsen und am besten isst du sie gleich roh. Wie zu so vielen Pflanzen gibt es zu ihr eine Geschichte, die ich dir HIER erzähle.

Sehr früh findest du auch die Gundelrebe, auch Gundermann genannt. Sie eignet sich gut, um Fleisch zu würzen und du wirst sie nicht in großen Mengen essen, auch wenn sie reichlich wächst. Sie schmeckt intensiv, ein wenig an den wertvollen Pfeffer ferner Lande erinnernd.

 

Dann kommen schon zwei Pflanzen, die ich sehr liebe. Der Giersch, an seinem dreieckigen Stängel gut zu erkennen. Würzig ist er und wohltuend, gut geeignet, roh gegessen zu werden. Giersch, Gundelrebe und Vogelmiere ergeben mit Topfen, so du welchen von einem Bauern bekommen kannst, einen köstlichen Aufstrich für frisches Brot.

 

Und die Königin aller, die Brennnessel. Verzieh nur das Gesicht, Samis, ich weiß, dass du dich an ihr schon gebrannt hast, wenn wir durch Gestrüpp marschiert sind. Aber wenn du sie pflückst und dabei richtig angreifst – an Blattober- und -unterseite, nicht an den Rändern, tut sie dir nichts. Koch sie als Gemüse, gib sie reichlich in Suppe und Eintopf, lass sie trocknen, um sie für schmackhaftes heißes Wasser zu nützen oder mahle sie getrocknet zu Mehl, das du Brotteig zufügst … Sieh nur, wie dunkel und kräftig sie ist und diese Stärke schenkt sie dir, wenn du sie isst. Später im Jahr wirst du auch ihre Samen ernten, denn diese stecken voller Kraft, aber nun im Frühjahr genieße ihre Blätter, die im Sommer wie die meisten Kräuter etwas faserig und weniger schmacklich werden. Im Herbst jedoch, da entwickelt die Brennnessel noch neue Blätter, die anders schmecken als jene im Frühjahr, und dir Kraft für die kalte Jahreszeit geben.

 

Du findest nun auch die ersten Blätter des Wegerichs, der nicht umsonst König der Wege genannt wird. Der breite folgt uns Menschen, siedelt sich dort an, wo viel gegangen wird, der spitze sucht eher den Frieden in der Wiese. Sie schmecken beinahe ein wenig nach Pilzen und sind wertvoll, deine Atmung zu stärken, die oft nach dem Winter am Husten leidet. Auch der Huflattich mit seinen leuchtend gelben Blüten ist hier hilfreich, doch iss ihn nicht zu viel.

Es beginnt nun auch die Schafgarbe zu wachsen, ihre zarten gefiederten Blätter sind köstlich, ihre Blüten später ein gutes Mittel für viele Leiden, von Magenschmerzen bis zu blutenden Wunden.

 

In manchen Gegenden findest du auch Bärlauch, der nach Knoblauch schmeckt. Es heißt, man kann ihn leicht verwechseln mit den giftigen Maiglöckchen, aber wie bei allen Pflanzen solltest du ohnehin immer nur jene pflücken, bei denen du dir absolut sicher bist. Der Bärlauch wächst gerne im Wald, wo du auch Sauerklee finden kannst. Der ist herrlich erfrischend, aber du wirst ihn nicht in großen Mengen essen wollen.

Auch der Löwenzahn, die Sonnenwurz, wächst nun schon und ist leicht zu erkennen. Die Blätter sind bitter, was dir gut tut, auch wenn du Süßes vorziehst. Die gelben Blüten, wie von so vielen Pflanzen, haben eine feine Süße, zumindest wenn die Bienen noch nicht allen Nektar aus ihnen geerntet haben, aber iss nicht den grünen Kelch der Blüte, er schmeckt nicht besonders.

 

Viele Kräuter beginnen nun zu wachsen und ich will sie dir gerne alle zeigen, denn sie werden sich sehr zu denen unterscheiden, die du aus Rom kennst. Es ist immer gut, anfangs mit jemandem die Welt der Pflanzen zu erkunden, der in ihnen erfahren ist, denn manche von ihnen sind nicht nur ungenießbar, sondern können tödlich sein.

 

Wunderbar sind nun auch die jungen Blätter der Bäume – vor allem der Buche, finde ich. Aber auch Birkenblätter haben, solange sie noch hellgrün sind, einen guten Geschmack, und auch jene der Haselnuss und der Linde. Je zarter, umso besser. Wenn sie fester werden, schneide sie klein und gib sie in die Suppe, anstatt sie roh zu essen.

 

Du musst also nicht warten, bis die Bauern ihr erstes Gemüse auf den Markt bringen. Es ist noch lange hin bis dahin. Natürlich machen die Kräuter und Blätter alleine nicht satt, und ein Sack Hafer oder Gerste ist ein großes Geschenk, das du dir vielleicht an einem Hof verdienen kannst. Und dann wirst du auch weiterhin Fallen stellen und jagen, um an Fleisch zu kommen, aber es ist ungemein wohltuend, das zarte Grün der Natur zu genießen.

 

Vergiss nie, den Pflanzen und Tieren zu danken, die ihr Leben dafür geben, dich zu nähren. Nimm auch nie so viel von einer Pflanze, dass sich der Bestand an dem Ort nicht erholen kann – auch wenn du selbst nicht wieder dort vorbeikommen magst, andere werden es.

Nütze die Fülle, die die Götter dir nach dem Winter schenken. Lange genug hast du im Winter das frische Grün vermissen müssen, bestenfalls Flechten und Wurzeln gefunden. Es ist ein vielfältiges Festessen, das sich vor dir ausbreitet, du musst nur genau hinsehen und auswählen.

 

Das nächste Mal will ich dir zeigen, wie du Feuer machen kannst, um etwas Warmes in deinen Bauch zu bekommen. Du magst inzwischen mit meinem Feuerspiel schon recht geschickt sein, aber ich will dich verschiedene Methoden lehren, denn wie bei allen Dingen ist es gut, wenn man sie auf verschiedene Art beherrscht.

 


Von den Göttern gesegnet, von ihrem Meister verflucht, war die Bardin Arduinna gezwungen, alles für ihre Liebe zu opfern.

Eine keltische historische Romanserie, die dich in Zeiten versetzt, als Wörter Waffen sein konnten und deine einzigen Freunde ein Wolfshund und ein Rabe.

Tauch ein in die Welt der Kelten und fühle den Pulsschlag jener Zeit in dir!

 

Die Wortflechterin der Kelten, historische Romanserie
Die Wortflechterin der Kelten, historische Romanserie

Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.

 

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