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Wer hat Island entdeckt?

 

Ein Teil meiner Familie lebt in Island, dieser faszinierenden Insel hoch im Norden. Die Urigkeit der Landschaft lässt einen sogleich an vergangene Zeiten denken (obwohl die Isländer meiner Meinung nach ungeheuer fortschrittlich, kulturliebend und vernetzt sind. Kein Wunder vielleicht, da die ganze Insel gerade so viele Einwohner hat wie Graz und die lange Dunkelheit im Winter viel Zeit zum Lesen, Musizieren und Denken bietet).

 

Scherzhaft werden meine Neffen von uns als Wikinger bezeichnet, denn schließlich weiß doch jeder, dass die Wikinger in Island waren. Um 874 soll der Wikinger Gardar Svavarsson die Insel entdeckt haben (und ganz bescheiden Gardarsholm genannt haben). Aber auch der Wikinger Flóki Vilgerðarson soll mit der Hilfe dreier Raben die Insel entdeckt haben – und sie Island genannt haben. (obwohl Island eigentlich grün war und Grönland voller Eis ...)

 

Um 1220 verfasst dann Snorri Sturluson in altisländisch die berühmte Snorra-Edda für den norwegischen König Hákon Hákonarson. Die Edda war eigentlich ein Lehrbuch für Skalden (Dichter) und erzählte alte Legenden, Geschichten und Lieder in Prosaform. (wer hätte gedacht, dass ein Schulbuch zu unseren bedeutensten mythologischen Quellen werden würde?). Durch die Edda ist uns viel über die nordischen Götter erhalten geblieben, so wie die Mönche in Irland und Wales mit der Niederschrift alter Legenden uns viel Wissen über die keltische Götterwelt überliefert haben.

 

Und wenn wir nun schon die Kelten ins Spiel gebracht haben, so kommen wir damit zum Ziel dieses Blogbeitrags.

 

Die Überzeugung, dass Island von den Wikingern entdeckt wurde, wankt nämlich. Ein wenig so, wie wir heute auch wissen, dass schon vor Kolumbus Menschen (ja, die Wikinger) nach Amerika reisten.

 

Neue Forschungen legen nahe, dass Island schon vor den Wikingern von Kelten besiedelt wurde. Ist das nicht eine wunderbare Verbindung dieser beiden so beliebten Roman-Epochen?

 

Þorvald Friðriksson schreibt in seinem wissenschaftlichen Buch „Keltar“, dass nicht nur durch DNA Analysen bezeugbar ist, dass die Isländer wesentlich stärker von den Kelten abstammen als von den Wikingern, sondern belegt auch, dass irische Mönche bereits weit vor 874 in Island lebten. Spannend hierbei auch, dass er nachweisen kann, dass 60% der ersten Immigranten Frauen waren. Das widerspricht dem Bild, das man von solchen Entdeckungsfahrten hat, dass da nur Männer auf Expedition gehen. Nein, es waren Mönche und Frauen. Stoff für spannende Geschichten ...

 

Viele Bezeichnungen im Isländischen, vor allem für Berge und Täler, Fische und Vögel, sind eindeutig keltischen Ursprungs. Und die beiden gefährlichsten Vulkane Islands heißen Hekla und Katla. Hekla bedeutet auf keltisch „Die Schreckliche“ und Katla „Sie, die zerstört“.

 

In unseren Köpfen mögen die Kelten Krieger, Metallwerker und Händler gewesen sein, als die großen Seefahrer sind sie nicht in die Geschichte eingegangen, im Gegensatz zu den Wikingern. Was vielleicht daran liegt, dass eine unserer schriftlichen Hauptquellen über die Kelten Julius Caesar ist, und der ist ja nicht einmal über die Südküste Englands hinausgekommen – weit weg vom Nordatlantik und Island … Und die Kelten, von denen Friðriksson redet, sind nicht die Festlandkelten aus Caesars Zeit, sondern die „Restkelten“ des „celtic fringe“ (Irland, Wales, Bretagne), die auch nach der Zeitenwende noch keltisch waren.

 

Dennoch. Spannend.

 

Wieder so etwas, wo man feststellt, wie wenig wir wirklich über die Vergangenheit wissen und wie großartig es ist, dass uns heute solche Techniken wie DNA Analyse, Röntgen, C14 Bestimmung etc zur Verfügung stehen. Poetischer mögen die Legenden einer Edda oder eines Mabinogions sein, aber auch die harten Fakten der Wissenschaft können im Kopf die unglaublichsten Geschichten entstehen lassen.

 

Wer weiß, vielleicht schreibe ich einmal mit einer Wikinger-Autorin einen Roman, der von der Ankunft der Wikinger im keltischen Island erzählt …

 

 

Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.

 

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