Letzte Woche gab es ein spannendes Online-Gespräch, das das MAMUZ mit Hans Reschreiter von den Ausgrabungen in Hallstatt geführt hat. Auch wenn Hallstatt weit vor »meiner« Periode der Kelten liegt, so sind es die größten und wohl auch spannendesten Ausgrabungen in Österreich. Zur La Tene Zeit, in die meine Romane fallen, gibt es ja in Österreich und in der Steiermark im Speziellen so gut wie gar nichts … (allgemein muss man sagen, dass Österreich im Vergleich zu Deutschland nicht sehr ausgrabungs-bemüht ist. Leider, finde ich, denn ich schätze, unsere Böden verbergen unglaublich interessante Funde, schließlich war Norikum ein wirtschaftlich sehr aktives Gebiet).
Da es sich in Hallstatt um ein riesiges Salzbergwerk und ein ebenso umfangreiches Gräberfeld handelt, finden sich nicht nur Grabbeigaben und Schmuck, sondern – und beinahe noch spannender, finde ich – auch sehr viel Alltagsmaterial und »Müll« in den Stollen des Bergwerks, vom Salz in perfektem Zustand konserviert. Stoffreste, Pickel, Kochgeschirr, Essensreste, Exkremente. Kaum ein Fundort liefert wohl so detailliertes Wissen über das Leben der Menschen vor 3000 Jahren.
Natürlich ziehe ich auch viel dieses Wissens für meine Bücher heran. Auch wenn ein paar Jahrhunderte zwischen Hallstatt und meinen Büchern liegen, so viel hat sich im Alltagsleben damals wohl nicht geändert. Das Standardgericht der Bergarbeiter – ein Eintopf aus Hirse, Gerste, Bohnen und Speck – wurde sogar bis vor gar nicht allzu langer Zeit auch hier am Land noch regelmäßig als Ritschert gegessen. (Und auch wenn wir meinen, in einer so schnelllebigen Zeit heute zu leben – jedes Handy ist nach einem Jahr veraltert – so fahren wir zB immer noch mit Autos, obwohl jeder Science Fiction Roman der 70er Jahre uns im Jahr 2000 bereits im Alltag in fliegenden Geräten unterwegs sah …)
Was ich aber an Hallstatt fast noch faszinierender finde, als das Wissen, das wir durch die Ausgrabungen gewinnen, sind die Fragen, die die Funde aufwerfen. Warum waren in Hallstadt die Pickel anders geformt als in so gut wie allen anderen Salzminen? Warum finden sich so viele Stoffreste, die so gut erhalten sind, als wären sie erst vor kurzem gewebt worden, die keine Verschmutzungen oder Schweißspuren enthalten, wie man sie an Gebrauchsgegenständen sonst schon findet? Es gibt das Bergwerk und einen Friedhof, aber bis heute konnten noch keine Spuren einer Siedlung ausgemacht werden. Wie wurden die Menschen dort oben versorgt? Wie funktionierten in solchen Zeiten aufwändige Handelsketten? In den Bergwerken wurden Seile aus Ulmenbast verwendet, doch aus den Bodenproben rundum geht hervor, dass weit und breit keine Ulmen wuchsen. Es finden sich große hölzerne Gruben und Unmengen Schweineknochen – war Hallstatt eventuell auch eine Speckfabrik?
Als ich im Oktober letzten Jahres an den Interpretierten Eisenzeiten in Linz teilnehmen durfte, kam ich dort schon in den Genuss eines Vortrags von Hans Reschreiter, der seine Themen ungemein spannend darbieten kann. Eine Gruppe von uns saß danach auf der Terrasse und diskutierte eifrig die verrücktesten Begründungen für manche der aufgekommenen Fragen und wir kamen auf so schräge Lösungen, wie dass die gefundenen Tücher Teil einer Kindergeburtstagsfeier für den Sohn des Bergwerkbetreibers waren (quasi eine Schnitzeljagd im Stollen). Solche Überlegungen mögen völlig abwegig und verrückt sein oder zumindest scheinen, aber was weiß man? Ich brauche mich ja nur in meiner Umgebung umsehen und stelle fest, dass es Menschen gibt, die so anders leben als ich, die solch andere Wertvorstellungen und Gewohnheiten haben als ich, dass es fast hochmütig scheint, auch nur ahnen zu wollen, warum vor 3000 Jahren zum Beispiel in manchen Gräbern Schnabelkannen als Grabbeigabe vorkommen und in anderen nicht. Oder ob die begrabene Person nun »Fürst«, Druide oder Heilerin war. Oder ob etwas ritueller Schmuck war oder doch einen, uns heute nicht mehr erschließbaren, praktischen Nutzen hatte.
(und ich sage das nicht, um manche vielleicht völlig "archäologisch falschen" Dinge in meinen Romanen zu rechtfertigen. Meine Bücher sollen ja erstens primär unterhalten und außerdem einen Einblick geben in ein »wie es gewesen sein KÖNNTE«, niemals in ein »wie es sicher war«.)
Gespräche mit Experten wie Hans Reschreiter, die selber zugeben, dass sie so vieles nicht wissen, machen auf alle Fälle Lust, sich näher mit dem Thema zu befassen und steigern wie so oft den Wunsch, zeitreisen zu können … nur für eine kurze Weile zumindest …
Das nächstbeste dazu sind Besuche in den diversen Museen und »Keltendörfern«, die ja nun langsam wieder aufsperren. Und gute historische Romane ...
Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.
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